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Mit Gründung der Ruhrkohle AG haben sich die Besitzverhältnisse
in der Kolonie verändert. Der Einbringungsvertrag vom 25. September 1969
beinhaltet, dass vom Alteigentümer Texaco der bergbauliche Teil und die
Immobilien im damaligen Teil der Gemeinde Rheinkamp (u. a. die Kolonie
Meerbeck mit 1.350 Wohnungen) in die Ruhrkohle eingebracht werden. Die
Chemie und die übrigen Immobilien (u.a. die Kolonie Hochstraß mit 1.300
Wohnungen) verbleiben bei der "Altgesellschaft" Texaco AG. Im März 1978
veräußerte die Texaco AG ihren Wohnungsbesitz an die Immobilienfirma Langenbrahm
in Essen.
Um den in der Meerbecker Kolonie wohnenden Menschen ihren angestammten
Lebensraum langfristig erhalten zu können, wurde es Ende der 70er Jahre
notwendig, den gesamten Wohnungsbestand und wesentliche Teile der Infrastruktur
zu erneuern. Im Jahr 1978 beschloss der Rat der Stadt Moers, ein Sanierungsverfahren
nach den Städtebauförderungsgesetz einzuleiten. Die Gebäudemängel und
Ausstattungsdefizite sollten beseitigt werden. Instandsetzung und Modernisierung
sollten allerdings so behutsam erfolgen, dass der typische Charakter der
Kolonie, die Sozialstruktur mit intakten Nachbarschaften und die großzügigen
Freiflächen, die seit je her ein eigentumsähnliches Wohnen zur Miete ermöglicht
haben, nicht gefährdet werden.
Eigentümerwechsel und Sanierungsabsichten der Stadt
bewirkten Unruhe bei den Bewohnern. Zumal von der Langenbrahm AG als
Eigentümerin des Hochstraßer Teils der Kolonie eine breit gestreute
Privatisierung der bebauten Grundstücke geplant war. Nach Auffassung
von Langenbrahm würde es sich bei der Kolonie nicht um ein typisches
Sanierungsgebiet im Sinne des Städtebauförderungsgesetzes handeln,
sondern vielmehr um ein " Rehabilitierungsgebiet " welches durch die
aktive Eigentümerleistung erneuert werden könne. Der Rat der Stadt
Moers handelte schnell. Um den Erhalt der Kolonie rechtlich zu sichern,
wurde die " förmliche Festlegung " als Sanierungsgebiet nach den Städtebauförderungsgesetz
beschlossen. |
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Zeitungsausschnitt
Bebauungsplan Nr.200
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Damit konnten keine Veränderungen ohne Genehmigung der Stadt
vorgenommen werden. Trotzdem forderten die Bewohner im südlichen Teil
der Kolonie, die sich zu einer Bürgerinitiative zusammengefunden hatten,
den Erwerb der Wohnungen durch die Stadt Moers. Im August 1980 wurde dann
zwischen der Stadt Moers und der Immobilienfirma der Kaufvertrag über
den Erwerb von 1.300 Wohnungen abgeschlossen. 35 Mio. DM war es dem Rat
der Stadt wert, den Erhalt der Kolonie zu sichern. Dadurch wurde auf den
geplanten Bau einer Stadthalle zugunsten von Meerbeck - Hochstraß verzichtet.
Die Verwaltung des neu erworbenen Wohnungsbesitzes übertrug die Stadt
Moers ihrer Wohnungsbaugesellschaft. Zwischen 1983 und 1987 hat die Wohnungsbau
GmbH GLÜCKAUF 1.366 Wohnungen von der Ruhrkohle AG gekauft, mit dem Ziel
die sanierungsbedürftigen Wohnungen instand zu setzen.
Nach dem der Erhalt der Kolonie gesichert war, galt es die notwendigen
Sanierungsmaßnahmen vorzubereiten. Vorrangiges Ziel der Sanierung war
es, die Wohnungen und das Umfeld, den baulichen Charakter der Kolonie
zu erhalten und die sozialen Strukturen zu schützen. Die Ziele der Sanierung
wurden in sechs Punkten zusammengefasst:
-Erhaltung des baulichen Charakters und der positiven sozialen Strukturen
der Kolonie
-Sanierung des Ver- und Entsorgungsnetzes
-Neuordnung des Verkehrsnetzes
-Modernisierung und Instandsetzung der Gebäude und Wohnungen
-Erhalt von Grünflächen, Baumbestand und Hausgärten
-Ergänzung und Verbesserung der Infrastruktur
Die Sanierung der Kolonie sollte nicht über die Köpfe der Betroffenen
hinweg geplant und durchgeführt werden. Unmittelbar nach Festlegung des
Sanierungsgebietes beschloss der Rat der Stadt Moers im Jahr 1980, für
das Sanierungsverfahren Moers- Meerbeck- Hochstraß einen Sanierungsbeirat
einzurichten, und entschied sich damit für eine über den gesetzlichen
Rahmen hinausgehende Bürgerbeteiligung. Der Sanierungsbeirat hat die Aufgabe,
sämtliche Fragen, die sich aus der Durchführung der Sanierung ergeben,
vorab zu beraten.
Fachausschüsse und Rat entscheiden dann über die Vorschläge u.Beschlußempfehlungen
des Beirates. Vertreten waren in diesem Gremium alle in der Kolonie präsenten
Interessengruppen: Mitglieder aus Rat und Verwaltung, die Mieter, die
ausländischen Bewohner, die Bürgerinitiative, der Betriebsrat der Zeche
" Rheinpreußen ", die städtische Wohnungsbaugesellschaft, die Wohnungsbaugesellschaft
" Glückauf " und der ortsansässige Einzelhandel.
Nach meinen Erfahrungen, als Vertreter des Rates der Stadt Moers im Sanierungsbeirat,
waren die Beratungen nicht immer problemlos. Oft prallten die unterschiedlichen
Auffassungen hart aufeinander und die Wellen der Erregung schlugen hoch.
Eigene Ansichten, nicht immer ideologiefrei, erschwerten die Arbeit. So
war zum Beispiel die Umstellung auf Zentralheizung mit Anschluss an die
Fernwärme, der Bürgerinitiative, nicht vermittelbar. Der Vorwand die Kohledeputatansprüche
gingen verloren, hatten sich zu der Zeit schon tausendfach widerlegt.
Heute sind im gesamten Sanierungsgebiet alle Wohnungen an die Fernwärme
angeschlossen. Auch die zunächst mit Kohleöfen sanierten Wohnungen sind
im nacherein mit einem hohen Kostenaufwand an die Fernwärme angeschlossen
worden.
Nach langen Diskussionen im Sanierungsbeirat wurden durch die Stadt Moers
drei Häuser als Modellobjekte hergerichtet. Die Musterwohnungen zeigten
wie eine kostengünstige Modernisierung aussehen kann. Vorgesehen war eine
umfassende Verbesserung des Wohnungsstandards. Die Wohnungen sollten mit
Bädern ausgestattet und letztlich mit Fernwärme beheizt werden.

Musterwohnung Donaustraße 21-25
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Musterwohnung Donaustraße 18-20
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Musterwohnung Alsenstraße 18-18a
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Die durch das Land Nordrhein-Westfalen eingeschränkte Förderung
nach dem Städtebauförderungsgesetz bedeutete, dass der vorgesehene Modernisierungsstandard
nicht zu halten war.
Um den Wünschen der Mieter städtischer Wohnungen nach einer besseren Ausstattung
dennoch nachzukommen und die Kosten zu senken, wurden verschiedene Konzepte
entwickelt.
-In " Richtlinien über die Belassung vorhandener Einrichtungen der Mieter
" wurde festgelegt, das Bäder und Heizungsanlagen der Mieter bei der Sanierung
erhalten bleiben, wenn sie einer fachtechnischen Prüfung genügen.
-Durch " Mietermodernisierung " können Mieter den Ausstattungsstandard
ihrer Wohnung nach den vorgaben der Stadt auf eigene Kosten verbessern.
Die Verbesserungen durch die Mieter wirken sich nicht auf die Miethöhe
aus und die Mieter können ihre Investitionen " abwohnen ".
-Auf Wunsch der Mieter wurden die Anbauten der Wohnungen zu Bad/WC und
Kochküche ausgebaut.
-Die Mieter haben bei der Modernisierung die Möglichkeit, in " Mieterselbsthilfe
" Anstrich- und Tapezierarbeiten ausführen. Kosten für Arbeitsmaterial
und- mittel werden mit einem Pauschalbetrag abgegolten.
Die Sanierungskosten betrugen insgesamt rund 300 Mio. DM.
Der Wohnungsbaugesellschaft " Glückauf " wurden ebenfalls Modernisierungsmittel
und städtebauliche Ergänzungsmittel bewilligt. Die Modernisierung weiterer
Wohnungen erfolgte mit Mitteln des Bergarbeiterwohnungsbaus.
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Grundrissänderungen im Anbau der ersten Koloniehäuser
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Grundrissänderungen in den nach dem Krieg
erbauten Häusern
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Sanierung Eisenstraße Nr.8
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153 Wohneinheiten werden saniert
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Durch Grundrissänderungen und der neuen
modernen Ausstattung konnte durch den Ausbau von Ställen und Mansarden
neuer Wohnraum geschaffen werden. Alle Häuser haben jetzt Fernwärmeheizungen,
Badezimmer und sind wärmegedämmt.
Auch im Wohnumfeld hat sich einiges geändert: die Spielplätze wurden
erneuert, in der alten ". Pumpstation " an der Donaustraße ist ein
Spielhaus eingerichtet. Durch ein neues Verkehrskonzept sind verkehrsberuhigende
Maßnahmen durchgeführt worden und inzwischen sind alle Straßen in
der Kolonie zu " Tempo- 30-Zone " erklärt.
Mit dem erfolgreichen Abschluss des umfangreichen Sanierungsvorhaben
1995, der beiden Wohnungsbaugesellschaften, ist der Erhalt einer der
bedeutendsten Bergarbeiterkolonien, den Bewohnern als Lebensraum erhalten.
Die Kolonie Meerbeck Hochstraß ist mittlerweile zu einem wahren Schmuckstück
des Reviers geworden. Menschen kommen von weither, um sich diese "
Perle des Ruhrgebiets " anzuschauen, was sogar den Kommunalverband
Ruhrgebiet (KVR) dazu veranlasste, die Besichtigung der Kolonie mit
in ihr Programm " Tour de Ruhr " aufzunehmen. |
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Vor der Sanierung
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Nach der Sanierung
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